Samstag, 23.06.: Der zweite Tag
Kleine Besichtigung der Schule
Gegen 10.30 wurden die Gäste schon sehnsüchtig von Frau Wills in der Schule erwartet. Pünktlich stiegen sie an der Isarstraße aus und marschierten zum Haupteingang unserer Schule.
Selbstverständlich wollten alle Kinder erst einen kurzen Rundgang durch die Schule machen. Dieser Wunsch war leicht zu erfüllen. Danach setzten wir uns alle ins Klassenzimmer und schauten einen Kurzfilm über das moderne Regensburg an, einer Stadt, der gerade vor kurzem erst der Welterbetitel verliehen worden war. Schließlich sollten unsere Gäste von dieser Stadt einen ersten Eindruck bekommen, um dann beim Tanz auf den verschiedenen Plätzen der Stadt und dem Umzug als Pestkinder während des Bürgerfestes nicht den Überblick zu verlieren.
Nach dieser wenig anstrengenden Arbeit stärkten sie zuerst einmal mit Spaghetti in Tomatensoße, in reichlichen Mengen. Die Lehrerinnen der HHGS hatten dankenswerterweise schon am Tag vorher in der Kleinen Aula die Tische aufgestellt und eingedeckt, so dass jeder schnell seinen Hunger stillen konnte.
Regensburger Bürgerfest
Dann ging's an die Arbeit. Professor Dinnes hatte für sein Schauspiel "Pesthauch über der Stadt Regensburg" extra ein Gedicht für die Schüler der Hans-Herrmann-Grundschule geschrieben und sich vorgestellt, dass wir als die "Pestkinder" der damaligen Zeit, zusammen mit unseren Gästen und mit der Kultur & Theatercompanie des "Regensburger Doana-Gsindl's" in verschiedenen Stationen im Regensburger Altstadtkern den Part der Pestkinder aufführen sollten. Es handelte sich um eine Theaterproduktion, die um 17.00 Uhr vom Runtinger Haus ausgehend zum Rathausplatz, von dort zum Dom in die Thundorferstraße bis zum Museumsschiff vorgespielt werden sollte.
Während die deutschen Kinder schon zwei Wochen lang die einzelnen Verse der "Toadenroas" einüben konnten, blieb den ungarischen Kindern nur eine knappe Stunde um den Refrain, im höchsten Oberpfälzisch einzustudieren. Also sprach Frau Wills den Ungarn die Zeilen vor, erklärte den Sinn der Dialektwörter und ließ die Gäste dann Zeile für Zeile nachsprechen. Es muss nachträglich noch ein großes, ehrfurchtsvolles Lob ausgesprochen werden über die Tatsache, wie schnell und treffsicher die ungarischen Kinder diese Verse erlernten.
Danach waren wir fit für den Auftritt und begaben uns auf das Regensburger Bürgerfest.
An der Steinernen Brücke sollten wir einige ihrer Brieffreunde aus den dritten und vierten Klassen treffen, um zuerst mit Stadtrat Tahedl zu bayerischer Musik mehrere Volkstänze aufzuführen. Da wir einige Zeit warten mussten bis alle beieinander waren, verkürzte ich den kleinen Ungarn die Zeit, indem ich ihnen die berühmteste Sage von Regensburg erzählte: Die Sage vom Wettstreit zwischen dem Dombaumeister und dem Baumeister der Steinernen Brücke. Am Ende der Geschichte konnten sie sich auch den "Knick" im Bogen der Brücke erklären, den der Teufel verursacht haben soll. Der war nämlich aus lauter Wut über den Verlust seiner gewetteten drei armen Seelen mit solch gewaltiger Wut im Bauch in die Höhe gesprungen, dass von da ab in dem Bogen der Brücke ein Knick zu sehen war.
Endlich waren alle HHGS-Schüler der Traditionsgruppe da und wir machten uns auf unsere Tänze eben auf diesem Knick aufzuführen. Anfänglich sollten unsere ungarischen Gäste zugucken.
Aber man glaubt es kaum, als Herr Tahedl aufspielte und die HHGS- Schüler eine Runde alleine getanzt hatten, hatten die Ungarn schon den Tanzschritt erfasst und machten von da ab in der zweiten Runde zusammen mit den deutschen Schülern den Siebenschritt mit, als hätten sie mit uns das ganze Vierteljahr lang mitgeprobt.
Natürlich sangen wir auch dazu das Lied "Hans bleib do, du woaßt ja net wia's Weder wird..." und ebenso das Lied "1,2,3,4,5,6,7, wo ist denn der Hans gebliebn?" Just in dem Augenblick kamen wir an einem Süßigkeitenstand in der Keplerstraße vorbei, dessen Besitzer Herr Tahedl kannte. Der hatte schon von der Ferne unseren Gesang gehört. Als wir an seinem Stand vorbeikamen fragte er uns: "Könntet Ihr für mich das Lied vom Hans noch einmal singen? Ich heiße nämlich Hans".
Auf unsere Frage, ob wir auch noch dazu tanzen sollten, lachte er nur. Natürlich ließen wir uns nicht lange bitten, schmetterten ihm in den schönsten Tönen die "Hans-Lieder" vor und tanzten dazu. Darüber war der Süßigkeiten - Hans so erfreut, dass er an alle Kinder Tüten mit gebrannten Mandeln austeilte. Nach dieser leckeren Einlage zogen wir singend und tanzend weiter zum roten Runtinger Haus.
Hier mussten wir uns blitzartig in die armen, leidenden und hungernden Pestkinder verwandeln, denn zehn Minuten später ging das Schauspiel "Pesthauch über der Stadt Regensburg" schon los unter Mitwirkung der ungarischen und deutschen Kinder.
Frau Schmidmeier prüfte noch unsere geschminkten Gesichter und los ging es mit dem grausigen Schauspiel. Bei der ersten Szene, in der eine junge schöne Frau dem Pesttod erlag, mussten wir noch nichts sagen, sondern nur neben den anderen Schauspielern zuhören wie Professor Dinnes die Zuschauer in die Zeit des Mittelalters führte. Dann ging's gleich weiter an den nächsten Ort.
Der Pesttod begleitete das Schauspiel , ebenso andere gruselige Gestalten, die alle von Herrn Dinnes aus der Geschichte hervorgeholt worden waren. Kurze Zeit später hatten wir unseren Einsatz: Leidend, stöhnend, mit verzerrtem Gesicht schlurften wir daher und sagten unsere Verse auf. Die Ungarn wiederholten jedes Mal im tiefsten Oberpfälzisch den Refrain und keiner der Leute merkte, dass es nicht Bayern waren, die da sprachen.
Es klappte wunderbar. Als wir dann zum Museumsschiff leidend weiterzogen, verdunkelte sich der Himmel zusehends und wir mussten dann wegen des heraufziehenden Gewitters leider mitten in unserem zweiten Vortrag das Gedicht unterbrechen und Schutz vor dem prasselnden Regen unter der Regenbrücke suchen.
Es windete sehr, sehr stark, die Kinder fingen an zu frieren, der Regen prasselte , untermalt von Blitz und Donner. Eigentlich passte die ganze Szenerie gut zu dem Schauspiel, aber wir alle waren nass geworden und zogen es vor uns ganz schnell zum Bus zu begeben und nach Hause zu fahren. Ich hoffe nur, dass Professor Dinnes dafür Verständnis hatte.
Ein ereignisreicher Tag für unsere Gäste und die Schulkinder der HHGS war somit zu Ende gegangen.
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