Verkehrsprojekt 2009 "Raus aus dem Toten Winkel"
Schon im Mai 2009 erfuhr die Schulleitung von dem Projekt "Raus aus dem Toten Winkel". Als ihr dann Näheres bekannt wurde, dass naämlich dadurch Verkehrsunfälle mit Kindern eventuell vermindert oder gar verhindert werden könnten, war sie völlig dafür und informierte die Kollegen der dritten und vierten Klassen. Sie erklärte ihnen, dass die EU-Kommission 2006 bekannt gab, dass jährlich bis zu 400 tödlich bei Lastwagenunfällen ihr Leben lassen mussten. Mitglieder des Serviceclubs Round Table hätten daraufhin beschlossen das Projekt "Raus aus dem Toten Winkel" zu starten. Sie entwickelten im Laufe der Zeit - auf ehrenamtlicher Basis - Aktionen, die vor allem Kindern Verhaltensweisen beibringen, um Unfälle mit Lastwagen zu vermeiden. Da dieser Gedanke im Sinne unserer Schule war, meldeten wir die Teilnahme an. Als dann sogar noch Unterrichtsmaterialien zugeschickt wurden zur Vorbereitung der gesamten Aktion, konnten die Klassenlehrer mit der Vorunterrichtung beginnen. Zum gegebenen Termin sollten sich alle dritten und vierten Klassen im Abstand von ca. 30 Minuten nacheinander auf dem Grundschulpausenhof einfinden. Die Schüler fragten sich natürlich, ob diese Maßnahme im Zusammenhang mit dem sogenannten Toten Winkel (von dem sie ja im Unterricht schon gehört hatten) zu tun hatte. Und sie hatten Recht damit! Nun warteten sie gespannt, was nach der theoretischen als praktische Einweisung passieren würde.
Am 25. Juli war es dann endlich soweit. Gegen 10.00 Uhr am Vormittag schloss der Hausmeister das große Gartentor auf und der Fahrer stellte seinen riesigen Lastwagen mitten auf den Grundschulpausenhof. Dann wurden rund herum vom Lastwagen aus Strippen in verschiedenen Winkeln gespannt, so dass verschiedene Zonen entstanden. Nun konnte die ersten zwei Gruppen kommen.
Der Fahrer |
Die Einteilung in Zonen. |
Als erstes erfolgte eine kurze Einweisung, wie die ganze Aktion ablaufen sollte, um möglichst effektive Verhaltensweisen zu erlernen und ebenso den Zeitplan für die kommenden Klassen einhalten zu können. Die Verkehrsmanager wollten nämlich an diesem Tag auch noch eine andere Schule anfahren.
Kurze Einführung mit Durchchecken der verschiedenen Zonen |
Danach war alles klar, Kommandos bekannt und auch akzeptiert. Die erste Gruppe stellte sich in den ihnen durch den Unterricht bekannten, vorher nochmals gezeigten Toten Winkel.
Aufpassen im Toten Winkel |
Blick aus dem Führerhaus |
Die zweite Gruppe hatte sich in einer Reihe aufgestellt. Immer zwei Kinder durften sich nun ins Führerhaus des Lastwagens setzen und vom Lenkrad aus nach ihren Klassenkameraden Ausschau halten.
Staunend erlebten sie "life", dass der Blick unmittelbar vor dem Führerhaus keinen einzigen ihrer immer noch im Toten Winkel stehenden Klassenkameraden zeigte.
Etwas irritiert waren alle Schüler, dass der Blick in den Seitenspiegel nicht erkennen ließ, ob sich jemand in der Gefahrenzone befindet oder nicht. Weder ein einzelner Mensch noch eine gesamte Klassengruppe war im Toten Winkel an der LKW-Seite auszumachen.
Weder Einzelperson noch gesamte Klasse im Toten Winkel für den Fahrer sichtbar!!! |
Über diese o.a. Tatsache waren alle Schüler sehr erschrocken. Nachdenklich wurden sie über die Erkenntnis, dass ein Lastwagenfahrer, wenn er nach rechts abbiegt, -so sehr er sich auch bemüht- alles, was sich im Toten Winkel abspielt, einfach nicht sehen kann. Und das selbst, wenn er vorsichtig und rücksichtsvoll fährt. So schlimm hatten sie sich das nicht vorgestellt.
Was sollte man also tun, um nicht unter die wuchtigen Räder eines Lasters zu kommen?
Das erste Ziel, nämlich unsere Kinder zu sensibilisieren, hatten wir somit erreicht.
Das zweite Ziel musste jetzt sofort angesteuert werden: Die Besprechung konkreter Tipps.
- Es musste unseren Schülern klar werden, dass es nicht reicht zu wissen: Es gibt einen Toten Winkel!
- Es galt ihn auch zu erkennen und damit automatisch zu realisieren, dass der Fahrer - wenn sie sich darin befanden- dies einfach nicht bemerken konnte. Man musste also mit ihm von Anfang an Blickkontakt halten!
- Und nur diese Handlungsweise ermöglichte einem zu erkennen, ob man sich gerade im Toten Winkel befand und jetzt aufpassen musste.
- Weiterhin hatte man als Radfahrer und als Fußgänger - ohne lange nachzudenken - automatisch die Gefährlichkeit beim Rechtsabbiegen eines LKW - vor allem in der Kurve - einzukalkulieren.
- Fazit: Nur bei konsequenter Beachtung dieser o.a. Punkte, hatte man eine Chance nicht überfahren zu werden!
Das dritte Ziel war die Übungsphase darauf zu achten
- mit dem Fahrer immer Blickkontakt zu suchen.
- stets genügend Abstand an der Seite des Lasters und seinen Hinterrädern zu halten
- als Rechtsabbieger sich auf dem Fahrrad beim Kreuzen einer Fahrbahn umzuschauen, ob hinter ihm ein Fahrzeug nach rechts blinkt.
- immer an den Toten Winkel zu denken und es auch laut vor sich hin zu murmeln
Alle diese drei Ziele wurden durch den Einsatz des Pappaufstellers noch verständlicher und einsichtiger.
Der Pappaufsteller |
In Aktionsgebrauch |
Dieses wunderbare Instrumentarium für Grundschüler all das Gelernte nicht vergessen zu lassen, nannten die Initiatoren "das Herzstück der Aktion". Und ich kann als Rektorin und gleichzeitige Lehrerin dem nur zustimmen. Auf diese Weise war es allen Schülern möglich das eben Erlebte zu Hause nachzuspielen. Zusätzlich konnten sie auch ihre Eltern über das gerade Gelernte informieren und - falls vorhanden - ihren Geschwistern oder nicht bei der Aktion anwesenden Freunden die Gefahren bildlich erklären. Diese wiederum hätten sicherlich ebenso Vergnügen daran das Gehörte mit dem Pappaufsteller nachzuvollziehen.
Beim unterrichtlichen Einsatz fanden die HHGS'ler schnell heraus, dass sie beim Durchschauen eine ähnliche Situation hatten, wie bei dem life erlebten Scheibendurchblick im Führerhaus. Es machte nicht nur Spaß, sondern war auch für sie - ohne es zu bemerken - lehrreich und einprägend!
Wir bedanken uns herzlich dafür und können versichern, dass ihr Wunsch "wir erhoffen uns dadurch eine lang anhaltende Erinnerung an die Gefahren des Toten Winkel" in Erfüllung gegangen ist bei unseren Kindern.
Denn kurze Zeit danach hatte ein 14jähriger Schüler, zufälligerweise ein Kind einer Lehrerkollegin der HHGS, einen Radfahrunfall mit einem Lastkraftwagen. Auf dem Schulweg wurde er von dem LKW erfasst, der sein linkes Bein überrollte. Glücklicherweise erlitt er "nur" einen Beinbruch und etliche Quetschungen. Inzwischen ist er wieder gesund. Aber er weiß jetzt aus schmerzhafter Erfahrung, wie er sich richtig verhalten muss, damit so etwas nicht wieder geschieht.
Als unsere Viertklässler das hörten, meinte einer von ihnen sinngemäß: "Wäre er bei unserer Aktion dabei gewesen, dann hätte er unsere fünf Punkte kennen gelernt und deswegen genau gewusst, worauf er achten muss." Und die Klassenkameraden nickten zustimmend und gaben ihm Recht.
Diese Aussage des Zehnjährigen sollte den Initiatoren der o.a. Aktion "Raus aus dem toten Winkel" doch Mut machen, nicht wahr ?! Übrigens Dank auch für die beiden lustigen Schlüsselanhänger, die uns an diese Aktion stets erinnern.