"Harry Potter" will gestreichelt werden

Kinder- und Jugendfarm ist vorerst finanziell über den Berg / Noch Fördermitglieder gesucht

Kinder- und Jugendfarm
Zusammen mit Armin "Kid" Köhn (mit Mütze) betreibt Frank Kesting die Kinder- und Jugendfarm. (Fotos: Hennning)

Von Jens Henning, MZ

KONRADSIEDLUNG. Die gute Nachricht vorweg: Die diesjährige Saison auf der Kinder-und Jugendfarm in der Taunusstraße ist finanziell gesichert. Die schlechte: Die weitere Zukunft des Erlebnisbauernhofs steht auf wackeligen Beinen. "Wir sind weiterhin auf Spenden angewiesen", macht der neue Leiter der Einrichtung, Frank Kresting, deutlich.

Von all den Schwierigkeiten im Hintergrund bekommen die kleinen Besucher auf der Farm nichts mit. Dort ist inzwischen der Frühling eingekehrt, nach der Winterpause stehen die Stalltüren wieder offen. Und sowohl Mini-Schwein "Babe" als auch Meerschweinchen "Harry Potter" freuen sich über jede Streicheleinheit. Neben den Hauptakteuren, den vielen Tieren, locken Indianer-Tipi, eine große Sandbuddelkiste und das Brotbackhaus zu großen und kleinen Abenteuern.

Was auf den ersten Blick nach richtig heiler Welt aussieht, ist im Hintergrund ein ständiger Kampf um jeden Euro. Das bestätigt Monika Göttler von der Jugendfarm. Die dunklen Wolken zogen im letzten Jahr auf.

Ein Rückblick: Die Arbeitsagentur teilte 2004 mit, dass der Vertrag der bisherigen Leiterin Frederike Langhammer nicht verlängert werde. Die Stelle der Pädagogin war aus Mitteln des Arbeitsamtes finanziert worden. Für 2005 stünden solche Strukturanpassungsmaßnahmen - so heißt es im Amtsdeutsch - nicht mehr zur Verfügung. Bis zuletzt hoffte Langhammer auf eine ABM-Stelle für die Farm. Doch diese Aussicht hat sich nicht erfüllt. Auch die Stadt Regensburg - sie stellt unentgeltlich das Grundstück - machte klar: Wir können uns an den Personalkosten nicht beteiligen.

Im Herbst 2004 ging das Gespenst der Schließung um. Doch mit einem gemeinsamen Kraftakt ist es den beiden Mitarbeitern, Eltern und Ehrenamtlichen gelungen, den Betrieb für dieses Jahr mit Spenden und noch mehr Engagement in der Freizeit abzusichern. So verkauften die Muttis Kuchen auf Volksfesten, um ein paar Euro für das leere Konto zu sammeln. Nachbarn kümmern sich ohne Bezahlung darum, dass die Tiere auch außerhalb der Arbeitszeiten der beiden Farm-Mitarbeiter versorgt sind. Überall warben die Freunde der Farm für finanzielle Zuwendungen. "Doch Spenden sind nur eine einmalige Zuwendung, da haben wir für die Zukunft keinerlei Sicherheit", machte Göttler das Dilemma deutlich.

Aus diesem Grund hat das Team auf der Jugendfarm die Idee der Fördermitgliedschaft aus der Taufe gehoben. Diese Sponsoren geben jährlich mindestens 50 Euro - damit entsteht ein gewisser Sockel, mit dem die Farm arbeiten kann. Bisher wurden rund 50 Fördermitglieder gefunden, darunter etliche Stadträte, aber auch Kindergärten und die Hans-Herrmann-Grundschule. Für eine sorgenfreie Zukunft, so Monika Göttler, müssten noch weitere 400 Fördermitglieder gefunden werden.

Doch dass das nicht über Nacht passiert, ist der gesamten Farm-Mannschaft klar. "Wir müssen weiter kämpfen, und dazu sind wir entschlossen", betont auch Frank Kesting. Der Diplom-Pädagoge ist der Nachfolger von Frederike Langhammer und war ein idealer Kandidat für die Stelle: Neben seinem Studium hat er eine spezielle Ausbildung in tiergestützer Pädagogik absolviert. Seine Stelle auf der Farm hat der gebürtige Bottroper am 1.März angetreten und ist heute von der Notwendigkeit der Einrichtung überzeugter denn je: "Viele Kinder denken, Hühner haben ein Fell und wissen nicht, dass es Federn sind", so eine Erfahrung, die er immer wieder macht. Und noch eins will Kesting den Kindern in den Sommermonaten beweisen: "Schweine sind genauso intelligent wie Hunde und können viele Dinge lernen", behauptet er. Gemeinsam mit ein paar Kindern wird "Babe" jetzt trainiert: Bald soll es an der Leine laufen können.

Spenden auf: Konto 803 37 89 bei der Sparkasse Regensburg (BLZ 750 500 00).

Streicheleinheiten
Die Tiere freuen sich über die Streicheleinheiten.

Hintergrund: Verantwortung tragen

mjh. Auf der Kinder- und Jugendfarm leben derzeit sieben Hühner, drei Enten, sechs Kaninchen, acht Meerschweinchen, fünf Zwergziegen, zwei Schafe und zwei Minischweine. Doch ein Streichelzoo ist die Anlage nicht, wie Diplom-Pädagoge Frank Kesting deutlich macht: "Hier können die Kinder Verantwortungsbewustsein lernen." Für den Stadtteil sei der Erlebnisbauernhof eine unverzichtbare Einrichtung.

"Denn es gibt in der Konradsiedlung durchaus soziale Brennpunkte", so der Leiter der Farm. Kindern fehlt heute oft die soziale Kompetenz, sagt Frank Kesting. "Bei uns lernen die Kinder, in der Gruppe zu arbeiten und in die Rolle des Erziehenden hineinzuwachsen." Dieser Rollentausch sei für viele Buben und Mädchen enorm wichtig.

Jeweils dienstags und samstags ist der Bauernhof in der Taunusstraße von 15 Uhr bis 17:30 Uhr für alle interessierten Kinder zugänglich. An den Vormittagen kommen regelmäßig Gruppen aus Kindergärten und Grundschulen. Im Internet ist die Farm unter www.jugendfarm-regensburg.de erreichbar.

Quelle: MZ, 24.05.2005
Stand: 01.01.2011 22:00
HHGS
Valid HTML 4.01!   Valid CSS!