Aus kleinen sollen große Europäer werden

Französischer Generalkonsul in Regensburg: "Habe hier umfassende Vision von Europa bekommen".

Von Jens Henning, MZ

Gruppenbild mit dem Generalkonsul
Generalkonsul Jean-Claude Schlumberger, Bürgermeister Gerhard Weber und Rektorin Arlet Wills mischten sich unter die Kinder. (Foto: Henning)

REGENSBURG. "Das ist die Würze der deutsch-französischen Beziehungen." Jean-Claude Schlumberger, französischer Generalkonsul in München, besuchte gestern die Hans-Herrmann-Grundschule, das Siemens-Gymnasium und die Universität. "Ich bin begeistert, mit wie viel Enthusiasmus hier Französisch gelernt und gelebt wird", so der Diplomat. Doch wie lange noch? Schaut man auf die neuesten Regelungen des Bayerischen Kultusministeriums, so scheint diese Frage berechtigt.

Freistaat streicht Französisch

Ein Rückblick: Vor zehn Jahren wurde in der Hans-Herrmann-Grundschule das Pilotprojekt "Französisch in der Grundschule" gestartet. Die Einrichtung im Stadtnorden als Vorreiterin in der gesamten Oberpfalz. Seit sechs Jahren gibt es einen Austausch mit einer Partnerschule in Clermont-Ferrand. Eltern und Lehrerschaft stehen hinter dem Projekt. "Die Schüler lernen begeistert, die Freundschaften mit Frankreich sind sehr intensiv", berichtet Rektorin Arlet Wills. Französisch hat sich als Pflichtfremdsprache in ihrer Schule etabliert. Ende Juli erhielt sie einen Brief vom Schulamt: Beginnend mit dem neuen Schuljahr muss Englisch unterrichtet werden. Die Rektorin bezeichnete die Entscheidung gestern als "sehr bitter"

Ziel von Kultusministerin Hohlmeier ist es, Englisch flächendeckend in der Grundschule durchzusetzen. Dem einstigen Vorzeigeprojekt wird die Unterstützung entzogen. Das komplette AUS für Französisch konnte die Rektorin vorerst verhindern, es gibt zwei Stunden für eine Arbeitsgemeinschaft. Dass die Sache auch politische Wellen geschlagen hat, zeigen Briefe des Bürgermeisters von Clermont-Ferrand an OB Hans Schaidinger und dessen Schreiben ans Schulamt. Beide Politiker forderten den Erhalt des Französischen an der Grundschule.

Der französische Generalkonsul bedauerte gestern im Gespräch mit der MZ, die Direktive des Kultusministeriums. "Wir werden mit der Staatsregierung weiter diskutieren", kündigte er an. Er könne sich Pilotprojekte vorstellen, die ungeachtet der Entscheidung Hohlmeiers weiterlaufen. Dafür sei aber zusätzlich Geld nötig. Er versicherte der Hans-Herrmann-Schule seine Unterstützung. Die Kette Grundschule- Gymnasium - Universität müsse bestehen bleiben.

Die Kinder in der Hans-Herrmann-Schule hatten für den Diplomaten eigens einen französischen Sketch und mehrere Lieder einstudiert.

Schlumberger war sichtlich beeindruckt: "Macht so weiter, es ist wichtig, dass aus euch kleinen Europäern große Europäer werden." Sein gestriger Besuch in Regensburg habe ihm eine "umfassende Vision der deutsch-französischen Freundschaft" vermittelt. "So etwas bekommt man in seinem Büro nicht, da muss man raus zu den Menschen."

Quelle: MZ, 14.10.2004
Stand: 01.01.2011 22:00
HHGS
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