Das Kirchweihfest
In diesem Schuljahr wollte die HHGS im September mit dem Comeniusprojekt starten. Deswegen entstand die Idee, in diesem Schuljahr eine Arbeitsgemeinschaft einzurichten, die sich ausführlich mit verschiedenen Traditionen, Gebräuchen und althergebrachten Sitten befassen sollte. Da viele der Teilnehmer dieser Arbeitsgruppe aus den verschiedensten Ländern stammten, sollte zuerst einmal das heimatliche, also das bayerische Brauchtum näher gebracht werden ehe man sich mit den Gebräuchen anderer Länder beschäftigen würde.
Der September war schon fast vorbei und so wählten wir als erstes Thema das "Kirchweihfest". Herr Tahedl, Stadtrat von Regensburg, gleichzeitig Mitglied und Jugendgruppenführer des Trachtenvereins Regensburg "Stamm" e.V. und Kenner des bayerischen Brauchtums hatte sich entschlossen ein paar mal einen Nachmittag, gemeinsam mit der Schulleitung der HHGS und den daran interessierten Schülern zu verbringen.
Am 12.Oktober war es dann soweit. Schwer bepackt mit seiner Ziehharmonika betrat er das Klassenzimmer, stellte sich vor und fragte die Kinder: Hast du eigentlich Geburtstag und wann? Diese Frage war ja leicht zu beantworten und so war sehr schnell die anfängliche Scheu überwunden. Dann schrieb er eine neue Frage an die Tafel:
Kann ein Haus Geburtstag feiern?
Zuerst schauten die Schüler etwas verdutzt. Als er jedoch einige Kirchen aus dem Norden Regensburgs aufzeichnete und gleichzeitig erzählte, dass diese Kirchen, nach langer Bauzeit an dem Tag, an dem sie endlich fertig auch eingeweiht wurden, verstanden die HHGS- Schüler die Entstehung des Wortes "Kirchweih".
Sie erfuhren, dass bis 1866 in bayerischen Städten und Dörfern Kirchweih noch so gefeiert wurde, in der Regel am Sonntag vor- oder nachher. Und diese Feiern fanden eben nicht nur am Sonntag statt, sondern dauerten auch schon mal bis Mittwoch. Nichts anderes meint die altbayerische Redensart vom Kirta: "A gscheiter Kirta dauert bis zum Irta - und es kunnt se schicka, a dirnmal bis zum Migga."
Aber da die Bevölkerung dann oft über den Sonntag hinaus feierte und selbstverständlich auch die Kirchweihfeste der Nachbarorte mitfeierte, ist das der Obrigkeit dann zuviel geworden: Die Dorfkirchweih wurde abgeschafft, bisweilen gar verboten. Dafür gab es nur noch die zentral angeordnete, einheitliche Feier am dritten Sonntag im Oktober. Theologische Gründe für diesen Kahlschlag in der Feiertagskultur im 19. Jahrhundert gibt es keine.
Stadtrat Tahedl |
Die nächste Frage von Herrn Tahedl war leicht zu beantworten:
Was gehört alles zu einer Geburtstagsfeier?
Die Schüler erzählten von ihren Geburtstagseinladungen, ihren Freunden, die alle Geschenke mitbrachten, von Glückwünschen, gutem Essen und fröhlichen Spielen.
"Und genauso war's oder ist es auch beim Kirchweihfest", erklärte der neue Lehrer.
Die Kirche wurde vor dem Gottesdienst noch mit Girlanden, großen Kerzen, Blumen und vielleicht auch mit einer Fahne geschmückt. Danach musste etwas fürs gesundheitliche Wohl getan werden. Es gab Gänse - oder Entenbraten und Gockerl mit riesigen Knödeln. Dazu wurde ein Bier oder auch zwei (für die Kinder natürlich nicht!) getrunken und bald war man satt. Es spielte die "Musi" auf und die Leute begannen zu tanzen.
Und kaum erklang das Wort Musik, da griff Herr Tahedl auch schon zu seinem Akkordeon und spielte den Kindern die Melodie zu dem Lied "Wenn der Vater mit der Mutter auf die Kirchweih geht" .
Bei dieser mitreißenden Weise lernten die Kinder sehr, sehr schnell dieses Kirchweihlied, was Frau Wills, als Musiklehrerin sehr stolz machte. Sie hatte eben musikalische Kinder in der Gruppe.
Ja und nur Singen fand der Stadtrat auch langweilig und so spielte er zum Tanz auf. In der Aula schaute alles leichter aus als gedacht. Zum Kreis aufstellen war ja nicht schwierig.
Auch zwei kleine Schritte nach links, und wieder zurück brachten alle auch noch fertig. Aber als man jetzt pärchenweise tanzen sollte, streikten die Buben. Herr Tahedl jedoch wusste Rat. Er rief die Burschen zu sich und alle männlichen Wesen flüsterten etwas geheimnisvoll miteinander.
Die weiblichen Tänzer wissen bis heute nicht, was besprochen wurde. Jedoch ging's nun pärchenweise weiter. Links herum und rechts herum, wir kamen nicht mehr zum Verschnaufen!
Als der Tanz endlich so einigermaßen "saß" meinte unser Musiker, dass wir unbedingt noch das "Hasenlied" singen müssten. Ein Lied, mit Pantomime, halb gespielt und halb gesungen machte den Kindern sehr viel Spaß. Zuerst kam die Einstudierung des Textes.
Danach wurde der Text in Pantomime umgesetzt: Der Hase saß hinter dem Baum. Der Jäger kam mit seinem Hund daher, setzte zum Schuss an, als er den Hasen sah und... schoss daneben. Beschämt ging er nach Hause.
Diana Sh. aus der 3a: "Das Kirchweihfest beim Herrn Tahedl hat mir gut gefallen. Das Tanzen und das Singen auch! Aber das Vorspielen bei dem Hasenlied, hat mir nicht so gut gefallen, weil ich kein Hase sein konnte. Denn es war schon jemand der Hase und ich war nur der Baum!"
Nach so viel Bewegung mussten wir uns ein bisschen ausruhen. Und schon wurde die nächste "Äktschon" besprochen: Wir wollten nun "Kiachl" backen in der Küche der Hans-Herrmann-Hauptschule. Zu diesem Zweck wurden die Schürzen umgebunden und die Kochmützen aufgesetzt und ab ging's in die Küche.
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